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Verschiedene Klangkonzepte der Orgeln: 1889 contra 1977

Ähnliches entdecken wir, wenn wir das klangliche Konzept der 1977 erbauten Peter-Orgel mit dem der 1945 zerstörten Steinmeyer-Orgel aus dem Jahr 1889 vergleichen. Es könnte nicht gegensätzlicher sein!
Aus den Plänen zur Disposition der Steinmeyer-Orgel kann man unschwer ablesen, wie sie in der romantischen Gefühlswelt schwelgte, dominiert von Grundstimmen aller Art, wie man ihr, vom zartesten Säuseln bis hin zu mächtigem Donnergrollen alle dynamischen Schattie-rungen entlocken konnte. Man kann lesen, dass es eine Orgel gewesen sein muss, die die Bauchdecke zum Vibrieren brachte. Und das Herz eines, am Ende des 19. Jahrhunderts von der romantischen Gefühlswelt umgebenen Menschen aufgehen ließ.
Einige Jahrzehnte später hielt man das für reinen Schwulst. Die Peter-Orgel von 1977 kommt daher wie ein Model auf dem Titelblatt einer seriösen Modezeitschrift: Von makelloser Rein-heit, ausgefeilt bis ins kleinste Detail, aber doch etwas unnahbar und sachlich-distanziert, silb-rig glänzend und hell, aber bisweilen von einer schlanken Schärfe. Man hört sie gerne, aber die Bauchdecke bleibt reglos.


Das Klangkonzept der 2005 renovierten Hauptorgel

Dreißig Jahre später hat sich dieses „Schlankheits-Ideal“ auch wieder gewandelt. Die Zeit sachlicher Distanziertheit ist vorbei, und selbst Protestanten sehnen sich bisweilen nach mehr Gefühl, Herz und Bauch. Hier setzt ein Grundgedanke der jüngst erfolgten Revision an. Aus-gehend von einer dringend notwendigen Reinigung und einer genauso notwendigen Erneue-rung der in einem unzumutbaren Zustand befindlichen Traktur, wurde auch an eine behutsame klangliche Erweiterung und Veränderung gedacht. Nicht im Sinne von „ein Fettpölsterchen hier und dort“ aber doch im Sinne von „etwas mehr Bauch“. Dies geschah im Wesentlichen durch behutsame Umintonierung einiger weniger, aber wichtiger Grundregister, durch Um-stellung einiger Register auf andere Manuale, durch die Erweiterung um gänzlich fehlende, unverzichtbare „romantische“ Register, wie einer Gambe oder einer Vox coelestis und, nicht zuletzt, einer Verstärkung des Pedales durch tragende 8’, 16’ und 32’-Register.
Ziel der Revision war, die St.-Georgs-Orgel als „Universalinstrument“ auf einen aktuellen Stand zu bringen. Das Problem heutigen Orgelbaus ist, dass es im Grunde keinen „zeitgenös-sischen“ Orgelbau-Stil gibt. Wenn wir heute eine Orgel bauen, müssen wir entscheiden, ob sie eine bestimmte Stilistik bekommt, z. B. deutsche oder französische Romantik, deutschen Ba-rock oder was auch immer. Oder ob sie ein Universalinstrument werden soll, das in gewissem Sinne „stillos“ ist: für jede Richtung geeignet, aber auch für keine Richtung besonders gut geeignet. Man wird Bach heutzutage vielleicht lieber auf einer Silbermann-Orgel und César Frank lieber auf einer Cavallier-Coll-Orgel gespielt hören. Aber man wird beides gültig auf der renovierten St.-Georgs-Orgel spielen können und gerne hören. Hoffentlich tut sich dabei auch das Herz auf.
 

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